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Martin Andreas Walser

Linus Reichlin: Keiths Probleme im Jenseits – oder: Vom möglichen Unwahrscheinlichen

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Was diese spezielle Zeit mit mir anstellt (6)

Lieblingsbücher sind ganz spezielle Bücher, nicht zwingend “die wichtigen”, nicht unbedingt jene, die “einen geprägt” haben, Bücher halt, die man noch mehr liebt als die anderen – und mit denen meist eine Geschichte verknüpft ist, eine Erinnerung, die eine bessere Chance hat, wieder wach zu werden in Zeiten wie dieser. Lieblingsbuch 5/10 …

IMG_20200522_081145~2Wer angesichts des Titels die Stirn in Sorgenfalten gelegt und sich trotzdem nicht gleich weggeklickt hat: Nein, hier folgt kein Rechtfertigungsversuch für Verschwörungstheorien. Obwohl es auch dazu einiges zu schreiben gäbe. Einiges hätte mit Fehleinschätzungen zu tun, anderes mit Vertrauensverlust und wieder anderes müsste der Frage gewidmet sein, inwieweit und ob diese «Theorien» von gewissen Kreisen nicht ganz bewusst zur Verunsicherung, als Mittel zur Hetze, zur Destabilisierung eingesetzt werden – womit sich gleichzeitig die Frage stellen müsste, ob dies nicht wiederum der Anfang einer neuen Verschwörungstheorie wäre. Auf jeden Fall kann man, was immer man auch verbreitet, davon ausgehen, dass es geteilt und gelikt und kommentiert wird, also ein breites und immer breiteres Publikum findet. Ein ablehnendes, sich lustig machendes oder befürwortendes, dies ist ziemlich egal: Etwas wird sich immer im Kopf festsetzen. Ein Prinzip, das auch der amtierende beste Präsident der Welt seit Menschengedenken befolgt.

An dieser Stelle geht es jedoch um ein Buch. Man mag sich vielleicht erinnern, dass ich das Skurrile, das Verschrobene, das «um die Ecke Gedachte» mag. Man stelle sich also vor: Keith Richards, der Rolling-Stones-Gitarrist, ist gestorben – und lebt weiter. Nicht in seiner Musik, nein, als Mensch. Was ihm so gar nicht passt, weil er nicht als Mensch in die Geschichte eingehen will, der den Tod überlebt, sondern weil er geniale Musik (mit)geschrieben hat. Doch wie konnte das geschehen? Eben weil das Überleben des eigenen Todes zwar extrem unwahrscheinlich, aber theoretisch dennoch möglich ist, wie Fred Hundt, Spezialist für Wahrscheinlichkeitstheorie, erläutert. Daraus ergibt sich eine irrwitzige Geschichte.

In die Reihe meiner Lieblingsbücher hat es Linus Reichlins «Keiths Probleme im Jenseits» mühelos geschafft, weil die Geschichte nicht nur witzig oder schräg oder «unsinnig» ist, sondern auch gescheit, mit beachtlicher Lockerheit erzählt – und bis zur letzten Zeile stimmig bleibt.

So mag ich Bücher, die mich umwerben, zu einem meiner Lieblingsbücher zu werden.

(Wobei die dazu passende Verschwörungstheorie etwa darauf aufbauen könnte, dass Bücher in der Lage seien, sich ihre Lieblingsleser zu wählen.)

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