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Martin Andreas Walser

Was wäre, wenn…?

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Eine winzige Idee. Ein einziger Satz. Einer jener Sätze, wie ich sie als Ausgangspunkt einer Geschichte mag, weil sie die richtige Frage stellen: »Was wäre, wenn…?«

Ich liebe diese kleinen Einfälle, die mir höchstens einen Fingerzeig geben und nicht gleich eine ganze Geschichte mit Anfang und Ende vor meinem inneren Auge entstehen lassen. Sie versprechen spannende Stunden, während derer ich schreibend staune, wohin die Reise führt. Manchmal gehe ich dabei in die Irre und muss zwangsläufig umkehren. Manchmal ergibt sich aus einer derartigen, dieser kleinen, dieser unvollkommenen Idee wie selbstverständlich die gesamte Geschichte. Hier drohe ich mittendrin zu verzweifeln oder muss gar das Fragment für Wochen oder Monate beiseite legen. Und einige ruhen bereits seit Jahren, bis sie sich eines Tages, eventuell!, plötzlich als zu Ende erzählbar erweisen. Dort wiederum reibe ich mir staunend die Augen: Wie rasch sich alles scheinbar mühelos aneinanderfügt!

Und mitunter staune ich: dass die Geschichte so enden könnte, hätte ich nicht gedacht. Dann wieder weiss ich bis zum Schluss nicht, wie sie ausgeht. Verzweifelt oder neugierig, ungeduldig oder sehr gelassen suche ich im Nebel nach dem Weg, der ans Ziel führt, damit ich endlich ein gedachtes »Ende« unter die Geschichte setzen kann (denn wirklich zu Ende, dessen bin ich mir sehr wohl bewusst, sind sie kaum je).

Also habe ich mich wieder auf den Weg gemacht, im Wissen, dass »es« gelingen, mich erfreuen, mich quälen, mich beinahe verzweifeln lassen kann.

Dieses »Was wäre, wenn…?« wird mich erneut durch die Tage geleiten, mich vom Schlaf abhalten, mich bis in die Träume hinein verfolgen, mich mitunter mitten in der Nacht hochschrecken lassen, weil ich die Fortsetzung geträumt habe, mich beflügeln und zu Boden drücken, mich verlassen und wiederkehren…

Und trotzdem liebe ich sie, diese winzigen Ideen und dieses unablässig bohrende: »Was wäre, wenn…?«

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